Das AMA-Gütesiegel ist das bekannteste und meistbeworbene hierzulande. Doch was steckt dahinter? Kannst Du ihm vertrauen? Warum gibt es immer wieder Skandale rund um schlechte Tierhaltung und wieso kritisieren es mehrere NGOs?
Es waren furchtbare Bilder, nicht anzusehen, die die Öffentlichkeit vor wenigen Monaten erst von drei steirischen Hendlmastställen erreichten. Ein vergessenes Huhn in einer leeren Masthalle sah man da auf einem Video. Und einen Arbeiter, der das Tier jagt, und brutal mit einem Stock erschlägt. Danach tritt er den bewegungsunfähigen, aber möglicherweise noch lebendigen Körper über den Boden nach. Alle drei Betriebe lieferten Fleisch, auf dem später das AMA-Gütesiegel prangt. Zeit sich dieses in Österreich populäre Siegel mal genauer anzuschauen.
Sicher ist angesichts dieser Werbebotschaft, dass Anspruch und Wirklichkeit, im Hinblick auf die doch recht häufig aufgedeckte nicht artgerechte Haltung in teilnehmenden Betrieben, auseinanderklaffen (Foto: AMA/DMB, Foto Einstiegsbild: AMA)
Kommen die Rohstoffe für das AMA-Gütesiegel aus Österreich?
Die Rohstoffe für AMA-Produkte müssen doch aus Österreich stammen? Nicht unbedingt. Es gibt ein Hintertürchen. Zutaten, die hierzulande nicht erzeugt werden, dürfen nämlich aus Ausland kommen, wenn sie nicht mehr als ein Drittel des Produkts ausmachen. Bananenjoghurt ist so ein Klassiker. Das ist die ungeschminkte Wahrheit. Und dann gibt es noch eine Menge Mythen rund um das beliebte Siegel. Beispielsweise, dass auch Fleisch von ausländischen Tieren das Siegel tragen kann. Das ist nicht wahr. Tatsächlich müssen die Tiere in Österreich geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt werden, um es zu erhalten. Wurst & Co. müssen auch in Österreich hergestellt sein und den Qualitätskriterien des Österreichischen Lebensmittelbuches (Codex) entsprechen. Darüber hinaus kann man sich beim Einverleiben eines AMA-Würstels sicher sein, dass kein Mehl, keine Stärke oder ähnliche technologisch wirkende Stoffe drin sind. Seperatorenfleisch (Anm.: wird aus Restfleisch gewonnen, das Schlachtknochen nach dem Entbeinen noch anhaftet) oder Lebensmittelimitate wie Analogkäse sind ebenfalls tabu.
Aber da war doch noch was mit dem Fleisch?
Aber da war doch noch etwas mit dem Fleisch? Stimmt. Genauer gesagt mit den Futtermitteln der Tiere, deren Fleisch später das AMA Gütesiegel trägt. Und damit sind wir auch schon beim Knackpunkt. Das Futter darf nämlich gentechnisch verändert sein (GVO); Dabei geht es hauptsächlich um gentechnisch veränderten Sojaschrot im Schweinemastbereich, aber auch die Rindermast ist noch nicht GVO-frei in der Fütterung. Bei Legehennen (Eier), Masthendln (Fleisch) und Milchkühen wird kein Gentech-Futter mehr eingesetzt. Dass erst im Juni 96 Prozent der Österreicher:innen sich bei einer Greenpeace-Umfrage gegen diese Praxis aussprachen, ist zur den Verantwortlichen bei der Agrarmarkt Austria Marketing (AMA-Marketing) wohl durchgedrungen, hat aber bis dato nichts verändert.
Das Problem: 64 Prozent glauben, dass das staatliche Gütesiegel bereits jetzt eine Garantie für Gentechnikfreiheit bei Futtermitteln sei. Das ist es definitiv nicht. Ob Gentechnik-Futtermittel im Einsatz waren oder nicht, ist auf den Verpackungen nicht erkennbar.
Alexandra Binder, Journalistin
Obst und Gemüse sowie Kartoffeln aus Österreich seien ohnehin ausnahmslos frei von Gentechnik. Und GVO-freies Futter sei nicht zu marktadäquaten Preisen verfügbar. Man biete aber die Möglichkeit einer freiwilligen Auslobung auf den Produkten.
AMA-Gütesiegel: Schweine fressen zu 90 Prozent transgenes Soja
2018 bestätigte ein Test beim Umweltbundesamt übrigens, dass 90 Prozent des Futters, das AMA-Schweine fressen, aus transgenem Soja besteht. Alles etwas kompliziert? Da hast Du recht. Und es wird noch komplizierter.
NGOS kritisieren Umwelt, Soziales und Tierwohl
Die NGOs Global 2000 und Südwind haben das AMA-Gütesiegel 2017 überprüft und für eher mangelhaft befunden. Neben dem GVO-Futter bemängelten sie, das das Label nur einige wenige Ansprüche an die gute landwirtschaftliche Praxis setze. “Kriterien beziehen sich jedoch hauptsächlich auf Verarbeitungs- und Hygienevorschriften”.
Vor allem der Anspruch bezüglich der Kriterien “Umwelt”, “Soziales” und “Tierwohl” wurden von den NGOS Global 2000 und Südwind als “Gering” eingestuft.
Was gibt es noch zu sagen? Das AMA-Gütesiegel besitzt eine Art Alleinstellung. Die Richtlinien dafür werden in Fachgremien aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und aus der AMA-Marketing beschlossen und dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus zur Genehmigung vorgelegt. Ihre Einhaltung kontrollieren unabhängige, staatlich akkreditierte Kontrollstellen und Labors. Sie sind auf der AMA Marketing Website öffentlich zugänglich. In der Regel werden frische Lebensmittel mit diesem Label gekennzeichnet, aber auch verarbeitete Produkte wie Speiseöl, Bier, Tiefkühl-Gemüse, Pommes, Brot & Gebäck, Fruchtsäfte oder Honig finden sich.
AMA Gütesiegel: Wer ist dabei, und wie oft wird kontrolliert?
Rund 47.000 landwirtschaftliche Erzeuger nehmen an den einzelnen Programmen teil, davon rund 32.000 Milchviehhalter, 5000 Rinderhalter, 1800 Schweinehalter, 700 Legehennenhalter, 400 Masthendl- und Putenhalter, 1500 Obst-, Gemüse- und Kartoffelproduzenten. Rund 700 Lizenznehmer zeichnen ihre Produkte mit dem AMA-Gütesiegel aus. Ca. 10.000 Vor-Ort-Kontrollen gibt es. Jährlich werden außerdem rund 5.000 Analysen wie Produktanalysen, Harn- und Kotproben, Blatt- und Fruchtproben durchgeführt. Selbst spricht man von rund 40 Kontrollen pro Arbeitstag.
Das Fazit zum AMA-Gütesiegel: Plus und Minus
Interessierst Du Dich für weitere Storys zum Thema Siegel? Dann empfehle ich Dir die Checks des „Ohne Gentechnik hergestellt“-Siegels, und die Tierwohlsiegel beim Schwein, wie auch bei den Legehennen. Nach dem Lesen hast Du den Durchblick!
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