Na, schon alle heutigen Termine abgearbeitet? Die Kids sind beschäftigt, ohne Unsinn anzustellen? Auf keinen Geburtstag vergessen? Den Wocheneinkauf erledigt? Alles zu viel gerade? Du könntest jetzt augenblicklich dezent austicken? Dieses Dilemma kannst Du mit Achtsamkeit im Alltag hinter Dir lassen.
Wie geht es Dir? Schmeißt Du schon die Nerven weg, weil an der Supermarktkasse sieben Leute anstehen, und Du dadurch zu spät oder hungrig zum nächsten Termin laufen musst? Wenn der Handwerker sich verspätet? Das Kind morgens heult, weil Du sein Brot falsch geschnitten hast? Oder Du unabsichtlich am Küchenkasten anrennst? Kriegen Deine Familie und Deine Freunde diese Emotionen ab? Gratuliere, Du bist nicht Du selbst, sondern in negativen Reaktionsmustern gefangen. Die gute Nachricht: Da geht es uns allen so. Die bessere Nachricht: Es gibt einen Weg aus diesem Dilemma. Er trägt den Namen „Achtsamkeit im Alltag leben“. Ja, das geht. Ich habe es selbst umgesetzt. Und nein, Du musst dazu nicht mit Gurken auf den Augen meditieren.
Achtsamkeit im Alltag: Bleib im gegenwärtigen Moment
Achtsamkeit bedeutet, mit ungeteilter Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment anzukommen, voll und ganz bei sich (und seinem Gegenüber) zu sein. Also gedanklich nicht der Vergangenheit nachzuhängen, aber auch nicht schon fünf Steps voraus in der Zukunft zu sein. Wenn Du Dir also zum Beispiel morgens ein Schinkenbrot machst, hieße im gegenwärtigen Moment sein: Du denkst nicht daran, dass Du gestern schlecht geschlafen hast, und fragst Dich, ob das späte Essen schuld dran gewesen ist. Du bist in Gedanken aber auch nicht schon ein paar Stunden voraus und überlegst, was Du heute Mittag essen wirst. Kennst Du den Begriff Affengeist? Wie Affen von Baum zu Baum, so springen auch unsere Gedanken, kosten dort von einer Frucht, da von einer anderen, kommen nie zur Ruhe. Jetzt fragst Du Dich zu Recht, wie soll das gehen, die Affen zu bändigen und was genau soll mir das bringen?
Was Achtsamkeit im Alltag ist und was es Dir bringt
Achtsamkeit bedeutet, klar, fokussiert und ohne innere Ablenkung bei der aktuellen Tätigkeit zu sein. In dem Fall beim Belegen Deines Brots mit Schinken. Dein gesamtes kreatives Potenzial fließt ungeteilt in das, was Du gerade machst. Gibt es eine Herausforderung, kannst Du darauf hinschauen, und dann eine bewusste Handlung setzen. Zum Beispiel kannst Du feststellen: Dieser Schinken war überteuert für seinen Geschmack. Die bewusste Handlung wäre dann: Ich lasse mich beraten, und kaufe das nächste Mal einen anderen Schinken. Bei der Achtsamkeit geht es auch um die Kompetenz der „Selbstführung“.
Die Sache mit den sich oft wiederholenden Gedanken
Hinter diesem technokratischen Begriff steckt die Fähigkeit, mit unliebsamen, sich oft wiederholenden Gedanken, umgehen zu können. Welche Gedanken wären das in unserem Fall beim Einkauf des neuen Schinkens? Zb: „Die Kinder werden ihn sowieso wieder nicht essen.“ Oder „Übermorgen ist der womöglich ranzig.“ Oder: „Wozu das Ganze überhaupt, wir essen sowieso nie zusammen Abend.“ Damit umgehen, heißt aber nicht, diese Gedanken mit Gewalt stoppen zu wollen. Du kannst auch einfach mal nur hinschauen, und feststellen: „Aha, interessant, da seid ihr also wieder.“
Mit dem Thema haben sich bereits eine Menge Forscher auseinandergesetzt und Studien dazu verfasst, etwa am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der Harvard University.
Was dort herausgefunden wurde?
- Stress wird reduziert – der Cortisolspiegel im Blut sinkt dramatisch
- Du entwickelst mehr Kontrolle über die eigenen Impulse und Emotionen – gehst nicht gleich an die Decke, hältst Frust besser aus und kannst dich in andere Menschen hineinversetzen
- Es entsteht mehr Gelassenheit – aber nicht „Wurschtigkeit“
- Achtsamkeit führt zu einer grundlegend freundlichen Haltung sich selbst und anderen gegenüber – Konflikte werden weniger
- Achtsamkeit stärkt kreatives Denken
- Die kognitiven Funktionen werden verbessert (Konzentration, Gedächtnis und Lernfähigkeit)
„Du kommst in einen Zustand, in dem Du eine Wahl hast!“ Du kannst Dich dann für einen weniger stressigen Alltag entscheiden.
Dank Achtsamkeit wirst Du beobachten, dass die Qualität jedes Gesprächs steigt. Was Du tust, wird wirksamer. Und Du wirst die Erfahrung machen, auch mit unerfreulichen Situationen oder Frustrationen besser umgehen zu können, was dann wiederum in alle Richtungen wirkt und das jeweilige Umfeld positiv beeinflusst. Die Achtsamkeit bewahrt Dich vor unüberlegten Reaktionen, inklusive möglicher Folgen: „Ich pfeife auf den Schinken, und kaufe gar keinen.“ (Folge: Trockenes Brot essen). Damit wäre das heutige gemeinsame Abendessen dann endgültig gestrichen. Und schließlich wird durch die zunehmende Ruhe der Blick auf das Wesentliche geschärft. Man lernt zu beobachten, wie der Geist funktioniert und wie man aus diesem Autopiloten, der uns in den meisten Situationen steuert, in einen Zustand kommt, in dem man eine Wahl hat. Auch in Konflikten, wie sie im Alltag gerne passieren, kann man dann das Reiz-Reaktion-Muster hinter sich lassen.
Achtsamkeit im Alltag: Den Affengeist bändigen
Wir haben vorhin vom Affengeist gesprochen. Und davon, dass sich Achtsamkeit, Klarheit und Gelassenheit erst dann einstellt, wenn dieser umherspringende Geist zur Ruhe kommt. Du möchtest jetzt wissen, was passiert, wenn Du Deinen Geist auf ein bestimmtes Thema fokussieren willst? Mach doch folgende Übung, dann bekommst Du ein erstes Gefühl dafür!
Kleine Achtsamkeits-Übung für einen stressfreieren Alltag
1. Setze Dich auf einen bequemen Sessel in einem ruhigen Raum, richte Deinen Oberkörper gerade auf und lehne Dich mit dem Rücken an der Lehne an. Schließe Deine Augen und achte darauf, Deine Schultern, den Stirnbereich und Deine Augen zu entspannen. Löse die Zunge von Deinem Gaumen. Lege Deine Arme locker auf Deine Oberschenkel. Nun atme einfach ein und aus, wie Du es auch sonst immer tust – ohne Deine natürliche Atmung in irgendeiner Form zu verändern.
2. Atme ein und bleib mit Deiner Aufmerksamkeit beim Atem. Atmen aus und bleib auch da mit Deiner Aufmerksamkeit beim Atem. Beobachte, wie die Luft in Deine Nasenöffnung einströmt und wie sie beim Ausatmen ausströmt. Bleibe mit Deiner Aufmerksamkeit bei Deinem Atem. Beobachte, wenn Du abgelenkt wirst durch aufkommende oder durchziehende Gedanken. Bringe dann Deine Aufmerksamkeit wieder zurück zu Deinem Atem.
Mein Tipp: Mach diese Übung im ersten Step für zehn Minuten. Wenn Du etwas Übung hast, erhöhe sie auf 20 Minuten und später auf 30. Wie häufig macht Dir Dein Geist einen Strich durch die Rechnung und schweift ab in andere Themen (Uih, ich muss noch ein Geschenk für die Oma besorgen. Hoffentlich führt sich das Kind morgen früh nicht wieder so auf, wenn ich das Brot falsch schneide, etc.)? Wie leicht fällt es Dir, bei Deinem Atem zu bleiben? Welche Gedanken kommen auf? Beginnst Du unruhig zu werden? Wie lässt sich Dein Affe bändigen? Wie geht es Dir nach dieser Übung, wenn für ein paar Minuten Ruhe eingekehrt ist und der Affe schweigt? Wenn Dir das nach etwas Übung immer besser gelingt, wird sich eine tiefe innere Ruhe einstellen.
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