Hashimoto-Symptome können die Folge von Jodmangel sein. Klingt provokant? Stimmt aber. Genauso wie, dass Jod nicht nur Bestandteil des Schilddrüsenhormons ist, sondern fast keine Körperzelle ohne auskommt. Deshalb gibt es von Jod-Expertin Kyra Kauffmann ein klares Ja zum Thema Hashimoto und Jod. Eine vorsichtige Re-Jodierung, sagt sie, bringt den gesamten Organismus wieder in Balance. Lies hier, wie das geht!
Zwei Dinge bekommen Menschen mit der Erstdiagnose Hashimoto Thyreoiditis mit auf den Weg – erstens ein Rezept für L-Thyroxin, und zweitens den eindringlichen Rat, Jod von nun an zu meiden. Kommt Dir das bekannt vor? Was tun fortan die meisten? Sie meiden dieses Spurenelement, oder besser gesagt, machen einen großen Bogen um jodiertes Speisesalz, Fisch und Meeresfrüchte. Denn Jod komplett aus der Ernährung zu streichen, ist fast unmöglich. Zum Glück. In weiterer Folge kommen die Jod-Meider zwangsläufig in einen massiven Jodmangel bzw. vergrößern den bereits bestehenden. Aber hast Du Dich als Betroffene(r) schon einmal gefragt, warum Hashimoto und Jod einander um Gottes Willen ausschließen sollte? Oder hast Du dies Deinen Arzt oder Deine Ärztin gefragt?
Hashimoto und Jod: Irrungen & Wirrungen um ein kleines Spurenelement
Kein Mikronährstoff ist derzeit so umstritten wie Jod. In Bezug auf Hashimoto Thyreoiditis herrscht in einigen Kreisen der sozialen Medien (Facebook-Gruppen z. B.) eine regelrechte Jod-Phobie. Schauen wir doch einmal ganz nüchtern, was Jod überhaupt ist.
Was ist eigentlich Jod?
Jod ist ein Halogen, das gemeinsam mit seinen chemischen Verwandten Brom, Chrom, Fluor und Astat in der 7. Hauptgruppe im Periodensystem der Elemente steht. Nicht mehr und nicht weniger. Ähnlich wie Eisen, Kalium, Calcium und viele andere Elemente, die unseren Körper und unsere Welt ausmachen.
Du dachtest vielleicht, Jod sei lediglich Bestandteil der Schilddrüsenhormone? Schließlich erinnerst Du Dich: Vier Jodatome plus ein Molekül Tyrosin ergeben das (noch inaktive) Schilddrüsenhormon T4. Das stimmt aber nicht. Jod ist viel bedeutsamer.
Über die Bedeutung von Jod
Der Gesamtjodgehalt des menschlichen Körpers beläuft sich auf ca. 30-50 mg. Weniger als 30% davon befinden sich in der Schilddrüse bzw. sind an Schilddrüsenhormone gebunden. 60-80% konzentrieren sich in extrathyreoidalen Geweben, vor allem in der Brustdrüse, in der Prostata, in den Speicheldrüsen, im Magen-Darm-Trakt, in Teilen des Gehirns, in den Eierstöcken und auch in den Leukozyten. Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren sehr viel zur Aufklärung des Jodstoffwechsels beigetragen. Fast kein Organsystem kommt ohne Jod aus. Immer mehr Natrium-Jodid-Symporter werden entdeckt – kleine Transportsysteme in der Zellmembran vieler Körperzellen, die die aktive Jodaufnahme (unter ATP-Verbrauch) ermöglichen.
Natrium-Jodid-Symporter
Der Symporter-Mechanismus zeigt uns: Viele Körperzellen benötigen Jod – z. B. für die Hormonproduktion, die des Gehirnwassers, die Immunabwehr, etc. Jodmangel ist daher immer mindestens mit Funktionseinschränkungen des jeweiligen jodverbrauchenden Organs verbunden. (Bild: Natrium Jodid-Symporter © Sascha Kauffmann)
Jodmangel wird u.a. auch mit Brustkrebs und anderen Tumorerkrankungen in Verbindung gebracht. Gerade neueste Forschungen von Rösner et al. 2016 zeigen im positiven Sinne, wie Jod auch bei Tumorerkrankungen als Heilmittel eingesetzt werden kann. Jodmangel in der Schwangerschaft kann den IQ des Neugeborenen um bis zu 13 Punkte beeinflussen.
Wenn Jod an so vielen anderen Organen eine (lebens-)wichtige Rolle spielt – ist dann der Rat, Jod zu vermeiden, sinnvoll? Wohl eher nicht.
Kyra Kauffmann, Buchautorin, Heilpraktikerin und Jod-Expertin
Hashimoto und Jod: Jodgabe bei chronisch entzündeter Schilddrüse
Was passiert, wenn ich Patienten mit einer chronisch entzündeten Schilddrüse Jod verabreiche? Bei 10% passiert gar nichts, bei 90% treten allerdings „Unverträglichkeitsreaktionen“ auf. Je höher die Antikörper sind, desto eher scheint Jod nicht verträglich zu sein. Diese sind ein Druckgefühl am Hals, Herzrasen, Schwitzen, Kopfschmerzen, Schwindel.
Hashimoto und Jod: Die Reaktionen
Die genannten Reaktionen sind nicht verwunderlich, denn die Schilddrüse ist chronisch krank, sie ist entzündet und gegen das Enzym, das die Oxidation von Jodid (aus der Nahrung oder aus Supplementen) zu Jod und die Kopplung von Jod und Tyrosin vornimmt, die Thyreoperoxidase (TPO), wurden Antikörper gebildet (Anti-TPO, MAK). Die Schilddrüse kann Jod in größeren Mengen oft nicht mehr verarbeiten. (Bild: Tyroxin Molekül © Sascha Kauffmann)
Ähnlich geht es einem chronisch entzündeten Darm: er kann auch mit vielen Nahrungsmitteln nicht gut umgehen, er ist in seiner Funktion eingeschränkt. Daher treten bei Kontakt mit Nahrungsmitteln Unverträglichkeitsreaktionen auf. Keiner würde aber Menschen mit einem entzündeten Darm den Rat geben, Nahrungsmittel zu meiden. Ähnlich ist es mit der Schilddrüse und Jod. Jod ist der Baustoff der Schilddrüse. Nimmst Du ihr Jod weg, hat sie quasi keine Aufgabe mehr (ich lasse jetzt mal bewusst die Aufgaben von Calcitonin außen vor).
Die Jodversorgung der Bevölkerung ist miserabel
Ich teste grundsätzlich alle meine Patient:innen mit Schilddrüsenerkrankungen – und bei weitem nicht nur diese – auf Jod (in der Regel im Urin) und stelle fast immer einen deutlichen Mangel fest – vor allem, wenn jemand sich strikt an die Jodvermeidungs-Anweisung gehalten haben. Im übrigen ist der Jod-Urintest ein Test, den ich jahrelang überhaupt nicht durchgeführt habe – in der irrigen Annahme wir alle seien ja gut mit Jod versorgt.
Das regelmäßige Testen hat mich gelehrt: Die Allgemeinbevölkerung ist mit Jod ähnlich „gut“ versorgt wie mit Vitamin D – nämlich miserabel.
Kyra Kauffmann
Dies liegt vor allem an unserer Ernährung. Alleine die Schilddrüse benötigt, um nicht zu erkranken (Schilddrüsenunterfunktion, kalte Knoten, Kropfbildung), mindestens 200 mcg pro Tag. Diese Menge erreichen nur die wenigsten. Schau Dir doch einmal die typischen Jod-Lieferanten an:
Wohlgemerkt: Die Nährstoffempfehlung der Ernährungsgesellschaften von 200 mcg pro Tag deckt nur den Bedarf der Schilddrüse – nicht den des restlichen Organismus!
Wenn Du nach dem Lesen des Artikels überlegst, ob Du im Jodmangel bist messe doch einfach selbst mal Deinen Jodspiegel im Urin- am besten durch einen Jodsättigungstest – die genaueste Methode, die den gesamten Jodbedarf des Körpers erfasst. Vermutlich wirst Du erstaunt sein – genauso wie ich es war – als ich nach 1,5 Jahren Stillen meines ersten Sohnes auf diese Weise feststellte, dass ich im gravierenden Jodmangel war. Hast Du Angst vor der Einnahme von größeren Mengen Jod, was für diesen Test erforderlich ist, kannst Du Dich auch orientieren, indem Du die Jodausscheidung im zweiten Morgenurin im Labor messen lässt.
Hashimoto-Symptome, Folgen von Jodmangel
Jodmangel führt in der Regel zu vielen Symptomen, die fälschlicherweise mit Hashimoto Thyreoiditis ursächlich in Verbindung gebracht werden, oft sind diese Symptome aber auf den bereits bestehenden und weiter fortschreitenden Jodmangel zurückzuführen.
An den fehlenden Schilddrüsenhormonen kann es ja nicht liegen, denn diese werden – angepasst an die jeweiligen Laborwerte – ja regelmäßig „neu eingestellt“. Daher kommen viele Patienten „gut eingestellt“ in meine Praxis und fühlen sich trotzdem nicht gesund. Im Gegenteil: Mit zunehmendem Alter treten mehr und mehr Symptome aus der o. g. Liste auf, trotz „guter“ Schilddrüsenwerte.
Re-Jodierung – langsame, verträgliche Jod-Einnahme
Um den jodverarmten Körper wieder an Jod zu gewöhnen, müssen wir einen Weg gehen, der ein langsames, verträgliches Zuführen von Jod in den Organismus ermöglicht.
Hierfür habe ich den Begriff Re-Jodierung geprägt.
In den letzten Jahren habe ich in meiner Praxis die Erfahrung gemacht, dass mein Re-Jodierungsprotokoll bei fast allen Patienten mit Hashimoto Thyreoiditis zu einer problemlosen Jodaufnahme geführt hat:
Hashimoto und Jod: Die Erläuterung der Begleittherapie
Selen: Bei Jodgabe ist Selen obligat. Selenmangel, der ebenfalls weit verbreitet ist, ist ein Hauptgrund für die Entwicklung und das Fortschreiten einer chronischen Schilddrüsenentzündung. Selen schützt die Schilddrüse vor dem schädlichen Einfluss des Wasserstoffperoxids (Glutathionperoxidase), zudem wird Selen bei der Umwandlung von T4 in T3 benötigt (Dejodasen). Keine Jodgabe ohne Selengabe!
Vitamin D: Vitamin D erhöht die Speicherfähigkeit von Jod im Schilddrüsengewebe.
Bei Vitamin D-Gabe sollte immer auch an die gleichzeitige Gabe von Magnesium (in der Regel 400 mg) gedacht werden, um die zelluläre Wirkung von Vitamin D zu verbessern.
Vitamin A: Vitamin A verbessert die Aufnahme von Jod in die Schilddrüsenzelle.
Lugolsche Lösung: Eine seit mehr als 150 Jahren bekannte Jod-Jodid-Wasser-Lösung, die in verschiedenen Stärken erhältlich ist. Für das Protokoll empfehle ich nur die 2% Lösung. Sie ist in Apotheken oder im Internet erhältlich.
Jod aus Algen
(z. B. Jod, Fa. Natugena*, Pro Jod, Fa. Tisso): Zur Re-Jodierung empfehle ich ein Jodpräparat, das aus Braunalgen gewonnen wird (z.B. Ascophyllum nodosum). Algen sind unsere Jodspeicher in der Natur. Wichtig ist bei den Präparaten auf die Freiheit von Schwermetallen zu achten. Jod und Astaxanthin sollten direkt in einer Kapsel sein, und zudem die Reinheit von toxischen Belastungen garantiert (Schwermetalle, Radioaktivität). Süßwasseralgen, wie z.B. Chlorella oder Spirulina, haben zu wenig Jod für das Re-Jodierungsprotokoll.
Astaxanthin: Unterstützend zu Selen wichtig bei Hashimoto Thyreoiditis ist dieses starke (wohl eines der stärksten!) Antioxidans. Darüber hinaus unterstützt Astaxanthin auch die Wirkung der Thyreoperoxidase-Enzyme. Es wird z. B. aus der Blutregenalge gewonnen.
Mit diesen Begleitstoffen ist Jod für die Schilddrüse in der Regel keine Gefahr. Es wird so der Schilddrüse, aber auch den restlichen Organen, zur Verfügung gestellt.
Hashimoto und Jod: Laborkontrolle während der Therapie
Selbstverständlich führe ich vor, während und nach der Re-Jodierung eine Laborkontrolle durch. Diese umfasst folgende Parameter:
- Jod im Urin
- Selen
- Vitamin D3
- Vitamin A
- Schilddrüsenwerte TSH, ft3, ft4, TPO, TAK
Durch die Messung der Basaltemperatur vor und während der Therapie kann man den Erfolg der Re-Jodierung schnell selbst überprüfen. Die Basaltemperatur ist die Körpertemperatur, die direkt nach dem Erwachen morgens gemessen wird, bevor der Körper überhaupt in Bewegung ist – am besten direkt im Bett. Diese Grundtemperatur sagt uns viel über die Schilddrüsenfunktion aus. Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse liegt die Basaltemperatur (gemessen oral) unter 36,8 Grad Celsius.
Achtung: Die Re-Jodierung sollte nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit durchgeführt werden!
Die Re-Jodierung ist KEINE Therapie der Hashimoto-Erkrankung, dies möchte ich an dieser Stelle deutlich machen. Sondern sie dient dem Ausgleich eines Jodmangels. Die Therapie ist kompliziert und langwierig und setzt eine genaue Anamnese und Ursachenklärung voraus.
Häufige Begleitursachen von Hashimoto
Nach meiner Erfahrung sind fast immer eine oder mehrere Gründe involviert, v.a.
- Selenmangel
- Vitamin D-Mangel
- genetische Disposition
- Halswirbelsäulen-Probleme
- Leaky-Gut-Syndrom (chronische Darmschleimhautentzündung)
- Kryptopyrrolurie und/oder Hämopyrollaktamurie mit einer Störung der hämabhängigen Thyreoperoxidase
- chronisch-persistierende Infektionen mit Erregern, wie Epstein-Barr-Virus, Parvovirus B19, u.a.
Eine vorsichtige Re-Jodierung hingegen bringt den gesamten Organismus wieder in die Balance.
Ähnlich wie bei anderen Dogmen auch (z. B. „Eier erhöhen den Cholesterinspiegel signifikant“) dauert es Jahre bis Jahrzehnte bis sich die neue Wahrheit durchsetzt. Leider – denn vielen Menschen wird durch falsche Dogmen eine bessere Gesundheit verwehrt.
*Mit Kyra Kaufmanns Code 6701 bekommst Du das Präparat Jod von Natugena um 10 Euro günstiger. Jedes andere Präparat das den genannten Kriterien (Schwermetall-geprüft/mit Astaxanthin) entspricht, kannst Du aber natürlich auch verwenden.
Kyra Kauffmann
ist Heilpraktikerin, freie Journalistin (DFJV), Referentin und Autorin verschiedener Fachbücher, u.a. von „Jod, das unbekannte Heilmittel“ und „Der Histamin-Irrtum“. Sie ist Heilpraktikerin und studiert aktuell Medizin. www.naturheilkundliche-medizin.de/
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