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MCAS: Verrückte Mastzellen als fehlender Puzzleteil?

Eine Mastzelle im Bild: Stellvertretend für das Thema Mastzellaktivierungssyndrom, kurz MCAS:

Du hast diverse Symptome, die bleiben, obwohl Du Medikamente nimmst, und Deinen Lifestyle verändert hast? Du hast keinen Schimmer, woran das noch liegen könnte? Nimm die Mastzellen ins Visier! Es könnte sich um das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) handeln.

„Ich bin vielleicht Ihr interessantester Fall“, sag ich, um ein bisserl Vorfreude zu wecken. „Ich habe einen Haufen interessante Fälle“, sagt sie drauf lächelnd, die Gastroenterologin Corinna Geiger. Spezialgebiet hoffnungslose Fälle. Ok, interessante. Ich mag sie. Sie hört zu und wie ich bei meinen Muskelschmerzen ankomme und dabei, dass ich nach einem 8-Minuten HIT-Training sieben Tage deftigen Muskelkater habe, nickt sie. „Alles klar, ich weiß, was sie haben“. „Aha“, sag ich freudig erregt, „und was?“ „Ein Problem mit den Mastzellen.“ Hell yeah! Schon mal gehört.

MCAS: Hat das nicht irgendwas mit Histamin zu tun?

Ich denke an die Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Die Durchfallattacken seit meinen Teenager-Jahren. Die Nase, die dauernd zu ist. Diese fiesen Räusperanfälle bei Stress, die 20 Minuten nach dem Einwerfen eines Antihistaminikums weg sind. Das juckende Ekzem am Bein, das ich über viele Jahre lange hatte. Die Geschichte mit der Notaufnahme, als der ganze Körper mit einem Ausschlag auf irgendwas reagierte – klassische Urtekaria (Nesselsucht), meinte der diensthabende Arzt. Auf ein Mastzellaktivierungssyndrom wär wohl keiner gekommen.

Mastzellativierungs- was?

Ich buchstabiere: Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS). In meinem Fall hieß das: Sechs Röhrchen weniger Blut in den Adern, die glorreiche Aussicht auf eine Koloskopie, und diese Verdachtsdiagnose. Da kommt mir eine Frage in den Sinn: Ist das jetzt gut oder schlecht? Und warum erzähle ich Euch das? Zumindestens letzteres kann ich eindeutig beantworten: Es könnte dem Einen oder der Anderen helfen.

Wir reden von einer Erkrankung, bei der zum einen vermehrt Mastzellen im Körper vorkommen. Zum anderen setzen die auch in verschiedenen Situationen – z. B. Gerüche oder emotionalen Stress, vermehrt Botenstoffe frei (ua. Histamin), die dann Beschwerden und Entzündung verursachen. Die Symptome? U.a. chronische Müdigkeit, Brainfog, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Flush, Bauchschmerzen, Hautausschläge, Kopfschmerzen bis Migräne, Muskel- und Gelenksschmerzen. Sechs, sieben Jahre, dauert es im Schnitt bis zur Diagnose. Einfach, weil kaum einer das Mastzellaktivierungssyndrom kennt und Menschen damit oft in die Psycho-Ecke geschoben werden.

Nicht jedes Symptom muss Richtung MCAS deuten, aber wenn Ihr nicht weiter kommt, ist es eine Option.

Wie wird die Verdachtsdiagnose MCAS zur tatsächlichen?

Es gibt Laborparameter (hallo, sechs Röhrchen Blut). Darunter fallen beispielsweise:

Und dann gibt es noch die Gewebeuntersuchung, zum Beispiel eine Darmspiegelung (siehe Graphik). Wenn Du also nicht so richtig weiterkommst, dann denk an die Option MCAS. Erzähl es anderen. Und nein, nein: nicht googeln. Experten suchen. Allein kommst Du eh nicht weiter.

Habemus Diagnose: Yep ich habe ein Mastzellaktivierungssyndrom

Drei Wochen nach meinem Besuch bei Dr. Geiger hatte ich die Diagnose. Habemus Diagnose!!!!“ jubelte Freundin E. daraufhin. Da war ich gerade aus der ersten Schockstarre erwacht und musste tatsächlich Lachen. „That’s what Friends are for“ oder so. Aber sie sollte nicht die einzige bleiben. Auch Papa B. war in Feierlaune. Was ist passiert? Der Verdacht auf eine Mastzellenerkrankung hatte sich bei mir durch eine Biopsie bestätigt.

So was von klar bestätigt. Yep, meine Mastzellen sind offenbar schon sehr lange außer Rand und Band. Bei jeder unpassenden Gelegenheit lassen sie die Sau, also das Histamin und andere Botenstoffe, raus. Und das verursachte meine verrückte Palette an Symptomen. U.a. chronische Müdigkeit, Brainfog, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Flush, Darmprobleme, Migräne, Muskelschmerzen. Wegen derer nicht nur ein ganzer Haufen Ärzte nicht weiter wusste und mich manch einer am Ende für eine Hypochonderin hielt, sondern ich schon begann, das selbst zu glauben.

Und die MCAS-Therapie?

Histaminarm zu essen, ist allem voran am Beginn eine gute Sache. Wenn auch weder Dr. Geiger, noch die geschätzte Kyra Kaufmann (die den „Histamin-Irrtum geschrieben hat) für eine dauerhaufte Einschränkung bei der Nahrung ist. Ich im Übrigen auch nicht. Aber ein Start damit tut gut. Dabei hilft die als Orientierung die Sighi-Liste. Zur medikamentösen Therapie werden oft Antihistaminika und Mastzellstabilisatoren eingesetzt. Ich habe allerdings den üblichen Mastzellstabilisierer Ketotifen gar nicht vertragen. Ich hatte nach nur einer Tablette einen physischen und psychischen Zusammenbruch. Ketotifen sollte man immer in Kleinstmengen einführen. Das wusste ich damals nicht. Mittlerweile versuche ich mich an natürlichen Mastzellstabilisatoren, allem voran Quercetin und Benifuuki-Tee. Hier findet ihr alles zu Benifuuki-Teekur. Ganz wichtiges Detail: das Arbeiten an der Stressachse ist meiner Meinung nach genauso wichtig, wie eine histaminarme Ernährung. Denn die Mastzellen besitzen Stressrezeptoren. Mir hilft dabei am meisten Yoga Nidra. Und es gilt, die ganz individuellen Trigger rauszufinden. Bei mir ist das etwa Sommerhitze und Baustellenlärm. Dafür ist Sauna beispielsweise kein Problem.

Meine Odysee dauerte über 25 Jahre!

Das Gute: Meine über 25jährige Suche ist zu Ende. Und genau das, meinen Freundin E. und Papa B., ist feiernswert. Ich überlege noch, ob man echt eine Party schmeißen sollte. Aber was ich sicher weiß. Ich habe damit ein neues Kapitel aufgeschlagen. Es wird sich mächtig was ändern. So und jetzt wische ich die letzte Träne weg und pfeife mir zum Trost zwei bis sieben Stücke göttlichen, histaminarmen, lektin- und glutenfreien Apfelkuchen rein.

Wenn Du jetzt übrigens mehr zur MCAS-Diagnose hören willst, lege ich Dir das Interview mit Dr. Corinna Geiger ans Herz! Du findest es hier.

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

11 Comments

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    Bimphie
    11. Februar 2022 at 7:06

    hi, eine sehr feine, humorvolle und motivierende Seite hast Du erschaffen Danke dafür! Würdest du den Namen deiner Ärztin weitergeben, die das Mast….syndrom diagnostiziert hat, lg b.

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    • Alexandra
      Alexandra
      13. Februar 2022 at 17:58

      Vielen Dank, liebe Birgit! Dein Feedback freut mich sehr! Ich habe sie im Beitrag verlinkt, Dr. Corinna Geiger in 1010 Wien. http://www.schnellgesund.at

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    • Alexandra
      Alexandra
      18. November 2022 at 9:04

      Dankeschön! Ja, natürlich, meine Ärztin ist Dr. Corinna Geiger in Wien.

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    Laura Gruber
    15. November 2022 at 12:52

    Wo hast du denn die Biopsien nachuntersuchen lassen? Hat die Krankenkasse das übernommen? LG

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    • Alexandra
      Alexandra
      15. November 2022 at 12:55

      Liebe Laura, ja das hat die Krankenkassa übernommen. Ich schaue Dir gern das Labor nach, bist Du in Österreich/Wien?

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        Laura Gruber
        15. November 2022 at 18:38

        Ja. Ich habe eine dementsprechende Beauftragung von meiner Ärztin. Auf der Zuweisung steht, dass meine Magenbiopsien wegen V.a. MCAS nachuntersucht werden sollen: „Es wird höflichst ein nachträgliches Anfärben der Biopsate der Gastroskopie vom 07.01.2021 auf Mastzellen (CD117, Tryptase) erbeten; Clustering? Anzahl? Morphologie der Mastzellen?“ Das pathologische Institut hat mir geschrieben, dass dies privat zu zahlen sei, weil die Krankenkasse dies nicht übernehmen würde… Ich bin in Wien. Wo in Wien hast du diese Untersuchung durchführen lassen? Es scheint mir, dass das pathologische Institut, wo meine Biopsien lagern, sich mit Mastzellnachfärbungen nicht auskennt…

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        • Alexandra
          Alexandra
          18. November 2022 at 9:03

          Liebe Laura, meine MCAS-Befundung fand im Labor für Zytologie und Histologie Dr. Ulm Gesellschaft mbH in Wien statt. Die Untersuchung wurde von der Krankenkasse übernommen. Frage dort mal nach! Alles Gute! Alexandra

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            Laura Gruber
            19. November 2022 at 15:09

            Interessant… Danke für die Info… LG

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    Pamela
    21. September 2023 at 16:33

    Liebe Alexandra,

    vielen Dank für die vielen wertvollen Infos! Du hast wirklich eine tolle Seite. 🙂

    Möchte Benifuuki Sanbancha Tee + Pulver mal ausprobieren. Bin deinem Link zu Sunday gefolgt und auf der Seite von Yoshien gelandet. Da habe ich gesehen, dass es 2 Benifuuki Sanbancha Tees gibt: einmal den von dir empfohlenen (verlinkten) zu dem es heißt, er wäre BIO und den Benifuuki Oolong Sanbancha Pest.Free, von dem es heißt, er sei pestizidfrei. Das irritiert mich. Habe auch gerade andere Sachen von Sunday gekauft, aber dass etwas was mit Pestiziden behandelt wird, als BIO deklariert wird, empfinde ich als Augenwischerei.
    Hast du da nähere Infos zu?

    Herzliche Grüße
    Pamela

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      21. September 2023 at 16:43

      Liebe Pamela,

      ja da hast Du recht, das habe ich auch kürzlich gemerkt, offenbar hat Sunday das ausgelagert auf eine neue Seite namens Yoshien. Ich war auch überrascht. Die gehören aber irgendwie zusammen. Zu den Tees. Der eine Tee ist pestizidfrei, aber nicht biologisch angebaut. Der andere ist biologisch angebaut, dh. sowieso ohne Pestizide, aber hat eben auch das Biosiegel, und garantiert den biologischen Anbau. Der andere hat kein Biosiegel, aber garantiert, nachweisbar keine Pestizide einzusetzen. Ich hoffe, ich konnte da etwas Klarheit schaffen!

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    Pamela
    21. September 2023 at 19:33

    Danke für deine schnelle Antwort! 🙂
    LG Pamela

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