Ernährung / Lektinfrei Essen

Lektinfreie Ernährung: Lieber ohne Lektine!

Ein Man hält in seiner Schürze Gemüse, das Lektine enthält. Passend zum Thema lektinfreie Ernährung.

Wer will schon gern gefressen werden? Pflanzen nicht. Deshalb setzen sie sich mit komplexen Proteinen zur Wehr: Und diese Lektine schädigen auch unseren Darm! Lektinfreie Ernährung könnte ein Game-Changer sein.

Weil auch Pflanzen überleben wollen, hat die Natur ihnen Eiweiße geschenkt: die sogenannten Lektine. Mit denen können sie ihre Fressfeinde schädigen. Im besten Fall lähmen, im schlimmsten Fall töten. Dummer Weise zählt auch der Mensch zu ihren Fressfeinden. Von daher schaden die Lektine auch uns. Und zwar nicht zu knapp. Sie dringen in den menschlichen Darm ein und wüten dort. Braucht man nicht? Richtig. Von daher ist eine lektinfreie Ernährung eine Option, um seinen Darm zu heilen, oder jedenfalls nicht weiter zu belasten. Das ist eine Theorie, die im deutschsprachigen Bereich gerade zum Thema wird. So hat etwas die bekannte funktionelle Ärztin Dr. Simone Koch kürzlich ein Buch dazu publiziert: „Beschwerdefrei leben durch lektinarme Ernährung – 80 Rezepte gegen Hashimoto, Reizdarm & Co.“

Geh bitte, lektinfreie Ernährung! Nur Hülsenfrüchte haben Lektine

Leider nein. Tatsächlich enthalten fast alle Lebensmittel Lektine. So ist etwa auch der Getreidekleber Gluten ein Lektin. Oder um mit Lektinpapst Steven R. Gundrys Worten zu reden, einem US-Arzt, der mehrere Bücher zum Thema verfasst hat, z.B. Gemüse ohne Gift oder Böses Gemüse: „Gluten ist quasi die Kim Kardashian unter den Lektinen.“ Er spielt damit übrigens auf die glutensche Omnipräsenz in den Medien an. Es gibt aber noch mehr richtig böse Buben. Ganz vorn auf der Liste finden sich die üblichen Verdächtigen: Getreide, Pseudogetreide, Hülsenfrüchte und Nachtschatten.

In diesen Lebensmitteln finden sich am wenigsten Lektine

Am wenigsten Lektine finden sich in? Grünem Blattgemüse, stärkehaltigem wie Möhren, Pastinaken & Co, grünen Gewürzkräutern, Kurkuma, Ingwer und Zimt. Und die gute Nachricht: Auch Eier gehen, allerdings nur, wenn die Hühner artgerecht leben. Und Milchprodukte, sofern es sich um Kühe handelt, die kein lektinartiges Protein namens Beta-Casein A1 produzieren. Das sind Ziegen und Schafe, aber auch alte Kuhrassen (deren Milch A2-Casein enthält) und südeuropäische Kühe, sowie der Käse, der aus deren Milch hergestellt wird – etwa Parmigiano Reggiano.

Mit der Eliminationsdiät AIP bin ich aber auf der sicheren Seite?

Leider nein. Denn im AIP sind beispielsweise Kürbisgewächse erlaubt, die relativ lektinreich sind, etwa Gurken und Zucchini, aber auch Melonen. Damit würde sich erklären, warum eine Eliminationsdiät wie AIP nicht bei allen gut funktioniert.

Lektinfreie Ernährung: Geht Fleisch? Und was ist mit Pseudogetreide?

Im Hinblick auf das Fleisch gilt ein ganz klares Jein. Manche reagieren sogar auf die im Fleisch enthaltenen Lektine. Wie kommen die da rein? Durch Getreidefütterung, zb. bei Geflügel.  Möglicher Weise muss man das Autoimmunprotokoll (AIP) also tatsächlich hinterfragen. Am meisten wachrütteln sollte uns aber eine Studie über Pseudogetreide, die Simone Koch in ihrem Buch zitiert. Darin wurde festgestellt, dass Lektine bei 12 von 15 getesteten Quinoasorten den Darm ebenso schädigen wie Gluten. Ich bin kein Freund von Wiederholungen, aber das verlangt sie: Ebenso schlimm wie Gluten! Lassen wir uns das auf der Zunge zergehen. Wer also zu Quinoa greift, statt zu Gluten, und keine Verbesserung spürt, der weiß jetzt, warum. Dazu kommt, dass wir Pseudogetreide, aber auch Mais nicht so traditionell zubereiten, wie das in den Ursprungsländern gemacht wird. Dort werden sie lange eingeweicht und fermentiert. Warum Mais bei Histaminproblemen oder MCAS übrigens sowieso keine gute Idee ist, das habe ich hier beschrieben.

Dann muss ich von Obst wohl auch die Finger lassen?

Jetzt kommt die gute Nachricht. Obst ist Ok. Jedenfalls, wenn es sich um saisonales und regionales, reifes Bioobst handelt. Anders ist das bei. Mangos & Co. Die werden bekannter Weise unreif geerntet und während der Reifung auf ihrer Reise gibt es keine Verbindung mehr zwischen Pflanze und Frucht. Dadurch werden weit weniger Lektine abgebaut werden, als üblich und damit sind wir wieder bei der Wurzel allen Übels.

Was kann ich denn nun tun, wenn lektinfreie Ernährung für mich interessant ist?

Sowohl Simone Koch als auch Steven R. Grundy schlagen in ihren Büchern einen drei Phasen-Plan einer lektinarmen Ernährung vor und liefern auch gleich noch Rezepte mit. Abgesehen davon gibt es einige wenige Instagrammer, die sich mit dem Thema beschäftigen. Praktisch? Kann man sofort einen Haufen Lektine ausknocken. Mit einem Druckkochtopf wie dem guten alten Kelomat oder aber dem neumodischeren Instant Pot. Diese Zubereitung killt Lektine nämlich recht effektiv. Wenn Du bis hierhin gelesen hast, ernährungstechnisch schon einiges ausprobiert hast, und irgendwie noch immer nicht richtig weitergekommen bist: Vielleicht ist lektinarme Ernährung der fehlende Puzzlestein! Und keine Angst, es gibt herrliche lektinfreie Brote, und Du musst auch nicht auf Kohlehydrate verzichten! Ich sage nur Hirse, Sorghum, Kochbananen, Süsskartoffeln, Maniok & Co.

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

17 Comments

  • […] Klingt plausibel, oder? Weil Wissen Macht ist, habe ich die essentiellen Fakten über Lektine hier näher beleuchtet. Mittlerweile lese ich das zweite Buch zum Thema: „Gemüse ohne Gift“ […]

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  • […] ist mal eine Karriere, die die Hirse da vorexerziert. Vom Vogelfutter zum lektinfreien Superfood, das mit Magnesium, Kalzium, Phosphor, Fluor und Eisen, Lezithin, Vitaminen und […]

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  • […] Lektine sind Proteine, die in Pflanzen vorkommen und der Pflanze als Abwehrstoff dienen. Sie schaden uns, binden sich an unsere Darmzellen, und machen sie durchlässiger für schädliche Toxine – Stichwort Leaky-gut Syndrom. Cashews enthalten reichlich davon. Der US-Arzt Steven Gundry, Autor des Buches Plant Paradox, sagt: […]

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    Be
    26. Oktober 2021 at 22:18

    Wenn jemand aber vegan lebt, ist es also nicht möglich auf die „lieber nicht essen“ Liste Rücksicht zu nehmen und sich lektinarm zu ernähren

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    • Alexandra
      Alexandra
      27. Oktober 2021 at 8:38

      Wenn Du vegan lebst, dann kannst Du Lektine so gut wie möglich meiden, in dem Du Dein Gemüse wäschst, schälst und entkernst. Die Hülsenfrüchte solltest Du lange wässern (zb. Mungbohnen gern bis zum Keimen), dabei mehrmals das Wasser wechseln und danach im Druckkochtopf kochen. Damit bist Du auf der sicheren Seite. Hast Du mein Kitchari Rezept schon entdeckt? Mit Mungdal in Kombi mit Reis deckst Du vegan alle Aminosäuren ab.

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        Vera
        27. März 2023 at 9:20

        Hallo
        Ist es nicht getan, mit über nacht einweichen und danach 40min kochen?
        Danke
        Vera

        Reply
        • Alexandra
          Alexandra
          27. März 2023 at 22:17

          Leider nein, gänzlich eliminiert Lektine nur der Druckkochtopf.

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    Daniel
    27. August 2023 at 22:57

    Wie ist es mit Kartoffeln im Dampfkochtopf. Benötigen ja nur ca. 10-15Min. Sind die dann ok für eine Lektinfreie Ernährung ?

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      28. August 2023 at 7:18

      Ja, wenn Du Kartoffeln im Druckkochtopf kochst – im Instantpot brauchen sie überhaupt nur 8-10 Minuten – und schälst, dann entfernst Du die Lektine damit. Wenn Du sie auskühlen lässt, dann sind sie noch verträglicher, weil sie resistente Stärke entwickeln. Allerdings sind sie immer noch Nachtschattengewächse. Wenn Nachtschatten ok für Dich sind, go for it!

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    Katharina
    21. Oktober 2023 at 9:56

    Hey
    Danke für den Artikel, den ich aufmerksam gelesen habe:) Schöne Website.
    Dabei ist mi ganz am Schluss aufgefallen, dass du Kürbis auch aufzählst, der wäre aber gemäss dem, was davor steht auch mit Lektin.
    Liebe Grüsse,
    Katharina

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      21. Oktober 2023 at 10:07

      Danke fürs aufmerksame Lesen, Katharina! Stimmt, Kürbis hat Lektine. Geschält und entkernt ist er gut verwendbar, wie auch Gurken und Zucchini. Dennoch habe ich ihn an dieser Stelle jetzt rausgegeben, um Missverständnissen vorzubeugen!

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        Lena
        21. Oktober 2023 at 23:37

        Also hat geschälter und entkernter Kürbis keine Lektine mehr?

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    S.U.
    26. November 2023 at 7:41

    Hallo! Buchweizen ist oben in der Liste angeführt… Im Internet jedoch steht dass dieser lektinfrei ist?

    Lg

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      26. November 2023 at 9:50

      Hallo! Wer immer das behauptet, es ist falsch. Da stimmt übrigens auch Dr. Steven Gundry, US Experte, und Dr. Christian Gersch, deutscher Experte, mit mir überein. Das einzige lektinfreie Getreide per se ist Hirse, und da ist man Teff auch noch unsicher. Wobei auch grosse Mengen davon für die Schilddrüse ein Problem sein können. Wegen der Goitrogene. Das sind Stoffe, die die Jodaufnahme hemmen können. Normale Mengen sind ok. Auch bei den Goitrogenen hilft übrigen druckkochen.

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    M
    17. März 2024 at 19:00

    Und Milchprodukte, sofern es sich um Kühe handelt, die kein lektinartikes Protein namens Beta-Casein A1 produzieren. Das sind Ziegen und Schafe, aber alte Kuhrassen

    Heute ein bisschen Rechtschreibung:
    lektinartiges
    aber alte Kuhrassen -> und alte Kuhrassen

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      17. März 2024 at 19:37

      oh vielen Dank fürs Lektorieren. Kann mal passieren, dass man sich vertippt, wenn man so viel schreibt 🙂 und nicht das Vertippen mit der Rechtschreibung verwechseln, gell!

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