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VKI-Test: Schadstoffe in Silikonbackformen

Lila Silikonbackform mit Muffins. Zum Thema: Schadstoffe in Silikonbackformen.

Mein Hausverstand hat schon immer geahnt, was ein internationaler Test des VKI (Verein für Konsumenteninformation) jetzt klar bestätigt. Die Schadstoffe in Silikonbackformen, wie Weichmacher und Siloxane, landen erst in Muffins & Gugelhupf, und dann später in unseren Mägen.

Wenn von 22 Online und vor Ort gekauften Silikonbackformen 22 Schadstoffe in unsere Leckerein abgeben, dann bringt das meine Welt ziemlich in Unordnung. Gut, dass Ali-Express Silikonbackformen, die einen Euro kosten, nicht ganz koscher sind, geht mir noch ein. Aber dass auch ein hochpreisiges Tupperware-Produkt dabei ist, eine Brand, der Mama B. und zigtausend andere Frauen vertrauen, macht das Ganze richtig unlustig.

Und was genau sind da für Schadstoffe in Silikonbackformen?

Ist die Temperatur ausreichend hoch – was sie beim Backen faktisch immer ist, lösen sich Schadstoffe wie Siloxane, Weichmacher oder Antioxidantien. „Diese Schadstoffe können dann in die Backwaren übergehen und somit mit dem Essen in den Körper aufgenommen werden“, sagen die VKI-Tester. Auch der deutsche Lebensmittelchemiker Christophe Goldbeck vom Chemischen Untersuchungsamt Münster kennt das Problem schon lange. Er sagt: „Es gibt einen Schwellenwert: Sicherheitshalber sollten von keiner Kunststoff-Substanz mit Lebensmittelkontakt mehr als 50 Mikrogramm pro Kilogramm übertreten. Im Backversuch mit Dutzenden verschiedenen Silikonformen waren es aber bis zu 35 Milligramm, selbst nach mehrmaligem Gebrauch: „Da sind wir fast bei Faktor 1000 drüber. Und gerade wenn’s dann so weit davon entfernt ist, sehen wir das schon sehr kritisch.“  

Tempering: Ein zu teurer Schritt in der Herstellung

Dabei müsste das nicht sein. Sind die Formen gut hergestellt, seien Schadstoffe kein Problem, sagt Goldbeck. Das Stichwort heißt Tempering. Was versteht man darunter? „Man heizt dieses Silikonmaterial aus. Und dann verflüchtigen sich alle Stoffe und sind im Material nicht mehr in Konzentrationen vorhanden, die schlimm oder bedenklich wären für die menschliche Gesundheit.“ Doch viele Hersteller pfeifen aus finanziellen Gründen darauf, wie Goldbeck bestätigt. Denn Ausheizen kostet Energie. Offenbar zu viel Energie.

Kein einziges sauberes Produkt

Beim aktuellen VKI-Test war, wie erwähnt, kein einziges der getesteten Produkte sauber. Sechs reicherten Gugelhupf & Co aber mit besonders hohen Schadstoffkonzentration an. Die beiden Produkte von Amazon Basics und ionEgg sprengten dabei sogar die gesetzlich vorgegebenen Grenzen, den so genannten Globalmigrationsgrenzwert. Der definiert die höchstzulässige Menge nicht­flüchtiger Stoffe, die ein Kunststoff, der mit Lebens­mitteln in Kontakt kommt, abgeben darf. Die Tester raten allerdings von allen sechsen ab: „Da insbesondere fettige Speisen größere Mengen an Schadstoffen aus den Formen lösen, sollten Sie keines davon für besonders fetthaltige Teige verwenden“. Und das sind die sechs No-Go Formen:

Diese Silikonbackformen sind am „harmlosesten“

Gibt es auch Produkte, die halb so schlimm sind? Ja, gibt es auch. Am besten schnitten im Test die Silikonbackformen von Ikea, Silikomart (2 Modelle), Tefal, Mastrad und homEdge ab. Doch Obacht: Auch aus diesen Backformen traten Silikonverbindungen aus, wenn auch nur geringe Mengen. Was kannst Du selbst tun, wenn Du weiterhin Silikonbackformen verwenden möchtest? Die Warnhinweise auf der Verpackung beachten, und auf die Höchsttemperatur schauen – ein Hinweis dafür steht meist direkt auf der Backform. Das Fazit von VKI-Expertin Birgit Schiller fällt entsprechend negativ aus:

„Alle von uns untersuchten Produkte setzen bei der Benutzung Silikonverbindungen frei, die in die Lebensmittel übergehen und somit beim Verzehr in den Körper aufgenommen werden können. Neben Silikonverbindungen lösten sich aus einigen Proben auch geringe Mengen an Weichmachern, UV-Filtern, diversen Lipiden, organischen Säuren und deren Fettsäureester.“

Birgit Schiller, VKI
Schadstoffe in Silikonbackformen: Was kannst Du tun?

Alle Silikonbackformen wegwerfen. Willst Du nicht? Nun denn, die zweitbeste Lösung ist, den Kontakt von Silikonmaterial und Lebensmittel bei hohen Temperaturen möglichst kurz zu halten. VKI-Expertin Schiller rät: „Die Backformen in den bereits vorgeheizten Ofen geben. Zudem sollten sie mindestens 5 cm vom Rand platziert werden und die Grillfunktion darf nicht zusammen mit Silikon-Backformen genutzt werden, genauso wenig wie die Produkte mit offenen Flammen oder Heizplatten in Kontakt kommen dürfen“. Rechtsvorschriften? Njet. „Leider gibt es bisher keine spezifischen Rechtsvorschriften für Silikon als Lebensmittelkontaktmaterial. Das wäre aber sinnvoll und notwendig, um Gesundheitsrisiken für Verbraucher ausschließen bzw. reduzieren zu können“, sagt sie.

Und der gleichzeitige stattgefundene Ökotest von Silikonmuffin-Förmchen?

Der erbringt ebenso wenig positive Erkenntnisse. Sieben von 20 getesteten Silikonbackformen gasen mehr Stoffe aus als das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt. Ein Hersteller rief deshalb sein Produkt sogar zurück. Aufgefallen ist den Ökotestern in diesem Test zudem, dass teils Silikonbestandteile in den Muffins landen. Das Problem, das auch sie dabei orten: Problem: „Der Grenzwert für Kunststoffe gilt ausgerechnet für das beliebte Backartikelmaterial Silikon nicht.“

Was Muffins betrifft, sind Papierformen übrigens um nichts besser. Tatsächlich gab es nicht erst einmal Produktrückrufe wegen Belastungen mit dem Schadstoff 3-MCPD, den Öko-Test unter anderem auch in Küchenpapier gefunden hat. In diesem Zusammenhang ist es eine Option, Muffinförmchen selbst zu basteln, wie die Ökotester raten. In den Weiten des Internets gibt es Unmengen Anleitungen dazu. Darin machen sich übrigens auch meine Karotten-Mandel-Muffins sehr fesch.

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

4 Comments

  • Geiberuam
    21. Dezember 2022 at 10:56

    Vielen, vielen Dank für diese wertvollen Infos!!!
    Ich fand schon immer dass Backwaren aus Silikon unangenehm schmecken. wahrscheinlich hatte ich besnders minderwertige Formen. als Ersatz habe ich meine Muffinform mit Papierförmchen befüllt. Anscheinend auchkeinegute Idee. Vielleicht findet man im Bioladen „saubere“ Papierförmchen. Basteln und Backen ist mir zuviel Aufwand.
    Geiberuam

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    • Alexandra
      Alexandra
      21. Dezember 2022 at 12:55

      Sehr gern! Ja, oft sagt einem schon der Geruchssinn, dass man etwas nicht verwenden sollte. Wir sollten unsere Sinne generell mehr einsetzen. Ich denke auch, dass man ruhig mal pragmatisch sein darf. Förmchen aus dem Biomarkt hört sich ok für mich an. Ich mache zb. auch keine Kosmetik selbst, weil ich weiß, die Zeit, die ich dafür bräuchte, investiere ich lieber in einen Spaziergang oder andere Entstressung.

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  • Doris
    11. Juli 2024 at 22:12

    Meine Backformen habe ich im Küchenladen gekauft. Sie haben noch nie einen Geruch abgegeben, geschweige denn Geschmack. Im Gegensatz zur Silikon Eiswürfelform für riesen Eiswürfel. Diese habe ich dort nicht bekommen und im Internet bestellt. Sie hat von Anfang an unangenehm gerochen, ich habe sie mehrfach gespült und die ersten Eiswürfel weggeworfen. Jetzt ist es besser, aber nicht so gut wie die Backformen. Ich versuche, auch hier eine bessere zu bekommen und entsorge dann die jetzige.

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      12. Juli 2024 at 11:07

      Spannende Erfahrung. Offenbar kauft Dein Küchengeschäft hochwertige Waren ein. Eiswürfelformen bekommst Du auch in Edelstahl.

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