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Mais bei Histaminose und MCAS

Eine Hand öffnet einen Kolben Mais. Symbolbild zum Thema: Mais bei Histaminose und MCAS.

Du isst glutenfrei & histaminarm? Lässt verarbeitete Lebensmittel weg? Und hast dennoch Symptome wie Muskelschmerzen, Fatigue und Darmprobleme? Mais könnte der Übeltäter sein. Denn Mais bei Histaminose und MCAS, diese Kombi geht nicht immer gut.

Kein Kino ohne Popcorn. Das war quasi eine der unumstößlichen Maximen meines Lebens. Als meine Gluten-Unverträglichkeit (Non-celiac gluten sensitivity) diagnostiziert wurde, war denn auch eines tröstlich: Mais geht noch. Fatale Fehleinschätzung. Mein Darm goutierte weder glutenfreie Maischips noch Maisnudeln, Maistortillas, Popcorn und Co. Klassischer Fall von schmerzhafter Fehlinterpretation. So lange ich Mais aß, blieben Muskelschmerzen, Fatigue und Darmprobleme.

Mais bei Histaminose und MCAS: Die Lektine sind problematisch

Tatsächlich ist Mais bei Histaminosen und einem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) oft ein Problem. Für mich war das Weglassen ein Gamechanger. Woran liegt’s? Es könnte sich um eine Maissensitivität handeln. Ja, sowas gibt’s tatsächlich. Schuld sind? Die Lektine. Jene Proteine, mit denen sich Pflanzen vor Fressfeinden schützen. Diese Proteine schädigen den Darm, bzw. die Zellen, aus denen die Darmschleimhaut besteht. In der Regel folgt dann gern Leaky Gut, eine Darmpermeabilitätsstörung. Damit wird es ungut. Denn dann können Nahrungspartikel aus dem Darm in die Blutbahn kommen, wo sie naturgemäß nicht hingehören. Ein durch Lektine entzündeter Darm führt auf direktem Weg wieder zu den Mastzellen.

Die Auswirkungen der Lektine rufen die Mastzellen auf den Plan

Und guess what: die Mastzellen sehen diese Bakterien als Eindringlinge, die eliminiert werden müssen. Die Mastzellen, die sich im Darm finden, reagieren dann gern über, öffnen die Schleusen und entlassen Botenstoffe wie Histamin in den Körper. Unklar ist freilich, wer in dem ganzen Prozess Henne, und wer Ei ist. Leaky Gut kann zur Lektinsensitivität beitragen, und Lektinsensitivität zu Leaky gut. Sicher ist aber: Die Mastzellen werden in diesem Prozess dauerhaft getriggert. Studien weisen übrigens auch eine erhöhte Anzahl von Mastzellen in der Darmschleimhaut bei Patient:innen mit Reizdarmsyndrom auf.

Warum Kochen im Druckkochtopf bei Mais keine Lösung ist

Bei vielen Lebensmitteln, etwa Reis, Linsen oder Kürbis lassen sich die Lektine tatsächlich sehr effektiv durch das Kochen im Druckkochtopf minimieren. Mein Favorit ist der Instantpot, aber das ist geneigten Leser:innen ja mittlerweile bekannt. Bei Mais funktioniert die gute Sache aber nicht. Denn Mais ist aber extrem lektinreich, wie übrigens auch Weizen. Nicht einmal im Druckkochtopf kochen hilft bei diesen beiden, die Lektine in Griff zu kriegen.

Welche Symptome auf Mais-Unverträglichkeit hindeuten

Die Palette an Symptomen, die die Lektine im Mais auslösen, reicht von Fatigue (Erschöpfung), über sich zu gar nichts mehr motivieren können, bis hin zu Brainfog, Gelenkschmerzen, Hautausschlägen und Verdauungsproblemen wie Blähungen, Übelkeit oder Durchfall. Am Ende steht oft das, was man heute Reizdarm nennt.

Mais bei Histaminose und MCAS: Graphik, in welchen industriellen Lebensmitteln sich Mais versteckt.

Ein weiteres Problem: der High Fructose Corn Sirup

Der so genannte Reizdarm kann tatsächlich durch eine Reihe von Dingen ausgelöst werden, einschließlich einiger Lebensmittel. Doppelblindstudien haben gleich mehrere als Auslöser entlarvt: Darunter Bananen (histaminreich), Erbsen, Kartoffeln, Weizen . . . und – Fanfare – Mais. Wobei nicht nur Maiskolben ein Auslöser sein können, sondern auch bestimmte Arten von Zucker, wie die aus Mais gewonnene Fructose. Damit sind wir beim High Fructose Corn Syrup (HFCS). Dahinter steckt eine spezielle, vor allem in den USA verwendete, Form von Maissirup, bei der ein Großteil der Glucose in Fructose umgewandelt wird. Heute liegt der Fructoseanteil bei bis zu 90 Prozent. Das bringt wirtschaftliche Vorteile – Stichwort mehr Süßkraft, weniger Kosten – und gesundheitliche Folgen. Eine Reihe von Studien weist High Fructose Corn Sirup-Zusammenhänge mit extremem Übergewicht nach , mit dem metabolischen Syndrom und Darm-Entzündungen. Aus Mais werden aber auch jede Menge anderer Zutaten gewonnen.

Hinter welchen Begriffen Mais steckt

Infographik über aus Mais gewonnene Zutaten, zum Thema Mais bei Histaminose und MCAS.

Wie Mais verträglich aufbereitet werden kann

Bleibt noch die spannende Frage, warum die Mexikaner Mais so offenbar problemlos vertragen. Einfache Antwort: Sie wandeln die schlechten Eigenschaften des Mais quasi um. Und zwar durch eine traditionelle Aufbereitung namens Nixtamalisation.

Denn auch sie wissen um die Eigenschaften:

  • Der Kleber im Mais ist verschlüsselt. Deshalb lässt sich damit auch nicht gut backen.
  • Die biologische Wertigkeit ist schlecht: Die Phytinsäure bindet Niacin (vitamin B3) sowie Proteine. Der menschliche Körper kann sie nicht verwerten.

Und wie geht Nixtamalisation? Man erntet den Mais und kocht ihn in Kalkwasser – einer alkalischen Lösung. Danach lässt man ihn in Ruhe aufquellen. Die Phytinsäure baut sich ab, die Inhaltsstoffe werden aufgeschlüsselt.

Traditionelle Aufbereitung
von Mais in Restaurants

Wenn du ausprobieren willst, wie du auf traditionell aufbereiteten Mais reagierst, dann besuche eines der Restaurants, die Mais noch traditionell aufbereiten. In Wien etwa das Maiz. Dort kannst du auch durch Nixtamalisation aufbereitetes Maismehl und Tortillas für zuhause kaufen. In Berlin gibt es das Tacos el Rey, in Hamburg das Juan sin Miedo. Foto: © Maiz

Sehr schön beschreibt diesen Vorgang der Nixtamalisation das Paulimagazin. Womit wir bei den traditionellen Verarbeitungsmethoden wären, die Lebensmittel schon immer verträglicher gemacht haben. Wofür sich aber heute kaum mehr einer Zeit nimmt oder hat. Wenn du Nixtamalisation auch weiterhin eher abgeneigt gegenüber stehst, dann greif doch lieber zur lektinfreien Hirse. Denn es gibt bessere Ideen als Mais bei Histaminose oder MCAS.

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

5 Comments

  • Petra
    28. Juni 2023 at 9:52

    Super interessant. Ich frage mich jetzt, was man bei Histaminintoleranz vom Mais sein lassen sollte. Das ganze Stück auf dem Grill, die Körner in der Dose, das Mehl, die Maiswaffeln, das Maismehl, die Maisstärke, das Öl, ALLES? Denn nixtamalisierte Maisprodukte habe ich Supermarkt noch nicht gesehen. Oder nicht gut genug geschaut? Danke für deine kurze Einschätzung. Ansonsten super Artikel, vieles davon deckt sich mit meiner eigenen Recherche zum Reizdarm (der Rest der sich nicht deckt wusste ich noch nicht 🙂

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    • Alexandra Binder
      Alexandra Binder
      28. Juni 2023 at 12:48

      Liebe Petra,
      leider geht es wirklich um alles vom Mais, von der Stärke bis zum Maiskolben auf dem Grill.
      Nixtamalisierung ist ein langwieriger Prozess, und wird in der Regel nur in den Ursprungsländern, in denen viel Mais gegessen wird, durchgeführt. Tatsächlich habe ich aber ein Lokal in Wien gefunden, das sehr leckere Tortillas macht und diesen Prozess umsetzt, der besseren Verträglichkeit wegen. Hier findest Du alles dazu: https://www.maiztortilla.at/ Und einen Versender in Deutschland gibt es auch, der Tortillas macht, die diesen Prozess vorab durchlaufen. https://shop.latortilla.de/epages/80025728.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/80025728/Products/101

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      • Petra
        2. Juli 2023 at 19:37

        Also der Laden in Wien ist ja toll, und danke für den deutschen Link! Werde ab jetzt nur noch die besorgen!! Die normalen sind vorbei. Ich baue mir gerade eine Notion Liste aller bei Histamin verträglichen Lebensmittel, die GLEICHZEITG auch den Leaky Gut heilen. Gar nicht so einfach. Dein Blog ist dabei eine unschätzbare Quelle richtig toll recherchierter und aufbereitetet Informationen. Vielen vielen Dank!

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  • Ute Behrend
    3. Juli 2025 at 20:33

    Danke für die Tipps. Ich habe gleich mal die Tortillas bestellt.

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