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Süßstoffe und der Blutzucker

Süßstofftabletten auf orangenem Hintergrund: Symbolbild zum Thema Süßstoffe und Blutzucker.

Du willst Blutzuckerspitzen vermeiden? Dann wirf einen Blick auf eine neue israelische Studie, die sich mit dem Thema Süßstoffe und der Blutzucker beschäftigt. Sie zeigt überraschende Effekte, die Süßstoffe auf auf den Blutzucker und die Darmflora haben.

„Boah, das schmeckt ja widerlich. Willst du mich vergiften?“ Das war die Z.sche Reaktion, als ich ihm vor Jahren Stevia in seinen Kaffee unterjubeln wollte. Eh bitte, damals dachte ich, das sei gesünder als Zucker. Man entwickelt sich ja weiter. Der Z. hat den Kaffee in den Ausguss gekippt. Und gut isses. Das weiß ich aber erst seit heute. Denn da bin ich auf eine aktuelle Studie gestoßen. Und die wird vermutlich einiges in Gang bringen. Denn die klare Erkenntnis (Spoiler) daraus ist: Süßstoffe und der Blutzucker, das ist keine geritzte Geschichte. Und sie nehmen auch Einfluss auf unsere Darmbakterien – beides semigut. Nicht nur, aber gerade, wenn du eh schon chronisch krank bist.

Süßstoffe und der Blutzucker: Praktisch inaktiv?

Der Mensch gaukelt sich ja gern was vor. So auch damals, im 19. Jahrhundert, als Süßstoffe auf den Markt drängten. „Keine Auswirkung auf den Blutzucker und generell auf den Körper“, hieß es damals. Und weißt du was, bis heute ging man tatsächlich davon aus, dass das so ist. Yep, man kann sich ja lange was vormachen, wenn es um Leckerlis geht. Aber da gibt es einen, der das schon (gut schon ist übertrieben) 2014 in Frage gestellt hat: der israelische Immunologe Eran Elinav vom Weizmann Institute of Science. Er testete an Mäusen, ob das Zuckerersatz-Zeug wirklich derart harmlos ist. Und was stellte sich raus? Süßstoffe beeinflussen den Blutzucker, und sie verändern die Zusammensetzung von Mikroorganismen im Darm. Und was passierte dann? Die Mäuse konnten ihren Blutzucker nicht mehr gut regulieren. Gut, das ist ein Mäuseversuch, meinst du?

Studie bestätigt: Süßstoffe nehmen Einfluss auf den Blutzucker

Bähm. Das lassen wir jetzt mal wirken! Eran Elinav rekrutierte nämlich jetzt 120 Menschen für seine Zuckerersatz-Studie. Sie alle erfüllten eine Bedingung: Praktisch ewig lange durften sie keinen Kontakt zu kalorienfreien Süßstoffen gehabt haben. Dann erhielten sie zwei Wochen lang täglich mehrere Dosen gängiger Süßungsmittel wie Aspartam, Saccharin, und Sucralose und Stevia. Die Forscher gaben dabei immer Dosen unter der empfohlenen Tageshöchstmenge. Das Ergebnis?

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Wirkung auf den Blutzucker, die eigentlich ausbleiben sollte, überraschender Weise doch nicht ausgeblieben ist

JÜrgen KÖNIG; eRNÄHRUNGSWISSENSCHAFTLER

Kurzusammenfassung der Studie

  • Studienleitung: Eran Elinav (Weizmann Institute of Science, Israel)
  • Teilnehmer: 120 gesunde Erwachsene, die mindestens ein Jahr lang keine Süßstoffe konsumiert hatten
  • Design: 4 Gruppen bekamen je einen Süßstoff (Aspartam, Saccharin, Stevia, Sucralose); Kontrollgruppe ohne
  • Ergebnis:
    • Alle Süßstoffe beeinflussten die Glukosetoleranz – bei manchen deutlich
    • Der Effekt war individuell abhängig vom Mikrobiom
    • Stärkste Effekte bei Saccharin und Sucralose
    • Parallel zeigten sich signifikante Veränderungen der Darmflora

Die genannten Zuckerersatzstoffe nehmen auch beim Menschen Einfluss auf die Glukosetoleranz. Das hat selbst den Wiener Ernährungswissenschaftler Jürgen König überrascht. Die bösesten Buben sind dabei Saccharin und Sucralose. Glukosetoleranz, what the Hell ist das noch mal genau? Bei diesem Wert geht es darum, wie gut der Körper den eigenen Blutzuckerspiegel regulieren kann, und wie schnell er Insulin produziert, damit die Glucose an ihren Zielort gebracht, und dort in Energie umgewandelt wird. Funktioniert die Glucosetoleranz nicht mehr, winken Insulinresistenz, Prädiabetes und irgendwann Diabetes.

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Kernaussagen der Studie zum Thema Süßstoffe und der Blutzucker

  • Süßstoffe sind nicht neutral: Sie beeinflussen den Blutzuckerstoffwechsel
  • Die individuelle Reaktion hängt stark vom Darmmikrobiom ab
  • Saccharin und Sucralose sind besonders problematisch
  • Eine Störung der Glukosetoleranz ist möglich, selbst bei „unbedenklichen“ Mengen
  • Das Mikrobiom spielt eine Schlüsselrolle bei der Reaktion auf Süßstoffe

Warum verursachen Süßstoffe Blutzuckerspikes?

Warum sich die Stoffe auf den Blutzuckerspiegel und den Energiehaushalt der Menschen auswirken, ist dummer Weise noch nicht wirklich klar. Dazu braucht es weitere Forschung. Interessant wäre zudem gewesen, wie sich der Blutzucker beim aktuellen Liebling der Health-Szene – Erythrit – entwickelt. Aber es gibt schon eine mutmaßliche Erklärung, bei der der Menschenverstand sagt: „Ja, das ist relativ plausibel“.

Veränderung der Darmflora nach Süßstoffkonsum

Die veränderte Glukosetoleranz könnte mit Veränderungen der Darmflora nach dem Konsum von Stevia und Co. zusammenhängen. Die zeigten sich nämlich auch noch in dem Experiment. Das macht die Sache nicht weniger brisant.

Holzlöffel mit weißem Süßstoff auf Holzuntergrund – viele Süßstoffe wie Aspartam, Cyclamat oder Saccharin verstecken sich hinter E-Nummern.

Süßstoff hat viele Namen

Werden Süßungsmittel in Lebensmitteln verwendet, muss auf dem Etikett der Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“ stehen und sie müssen in der Zutatenliste als Zusatzstoffe mit ihrem konkreten Namen oder der entsprechenden E-Nummer angeführt werden. Bei Süßstoffen sind das u. a.: E 950-1521. In energiereduzierten Lebensmitteln findet man meist Acesulfam (K), Aspartam, Cyclamat und Saccharin.

Industrielle Produkte: Süßstoffe stecken oft zusätzlich drin

Die genauen Effekte von kalorienfreien Süßungsmitteln wird man erst in Langzeitstudien wirklich feststellen können. Für dich ist das irrelevant, du konsumiert so etwas sowieso nicht? Unwahrscheinlich. Wir tun es quasi alle. Industrielle hergestellte Produkte haben meist eine ellenlange Liste an Inhaltsstoffen. Und da findet sich häufig neben Zucker auch ein Süßstoff. Ich scanne die Zutaten immer auf Gluten, aber mehr schaue in den seltenen Fällen, in denen ich so was konsumiere, oft nicht. Vor allem, wenn ich unter Zeitdruck bin. Das werde ich nach meinem heutigen Wissen verändern. Lies dich gern selbst in die Studie zu Süßstoff und Blutzucker nachlesen ein.

Alternativen, die schon immer zuckerfrei waren

Zum Schluss noch eine gute Nachricht, wenn du auf Süßes nicht verzichten willst. Es gibt natürliche, traditionelle Varianten – solche, die schon immer ohne industrielle Zuckerersatzstoffe auskamen. Mein Favorit: Castagnaccio, der italienische Kastanienkuchen – völlig industriezuckerfrei und wunderbar aromatisch.“ Hier geht´s zum Castagnaccio-Rezept!

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

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