Nachhaltigkeit

Ist Wildfleisch gesund?

Jäger mit Gewähr: Symboldbild zum Thema: Ist Wildfleisch gesund?

Hirschrücken, Rehbraten, Wildschweinwürstel: Welche Beweggründen haben Menschen, die außer Wild gar kein Fleisch mehr essen? Könnte das Jegana-Sein ein Schlüssel zur Gesundheit sein? Und ist Wildfleisch gesund?

“Nichts essen was Augen hat, die Tiere einfach mal in Ruhe lassen, Fleisch ist Mord – das ganze Programm.” “Viele Jahre war ich überzeugter Vegetarier”, sagt Fabian Grimm. “Dann stolperte er über die Lehrbücher seiner Frau, die als Forstwissenschaftlerin gerade für den Jagdschein lernte. Und da war sie: Die Möglichkeit dank Wild dem vegetarischen Leben zu entkommen, ohne seine moralischen Skrupel beim Fleischkauf über Bord werfen zu müssen. Inzwischen hat Grimm einen Jagdschein, ein Gewehr, einen Jagdhund und schreibt darüber, wie er Wildschweine und Rehe erlegt, zubereitet und mit großem Genuss aufisst. Aber ist Wildfleisch gesund?

Ist Wildfleisch gesund? Laut Jeganern ja.

Nein, das ist kein Tippfehler. Jeganer gibt es wirklich. Darunter versteht man Veganer, die eine einzige Ausnahme machen: Wildbret, das sie selbst erlegen. Der gleichnamige Jegana-Club fördert den Dialog zwischen Öffentlichkeit und Jagd und hat ein Manifest herausgegeben, in dem ein Satz prägnant ins Auge fällt: „Jagd ist keine Massentierhaltung”. Die Frage: Ist Wildfleisch gesund, beantworten Jegana definitiv mit ja. Auch Frauen sind übrigens darunter. Für Ulrike Schmid, die sich in Innsbruck in einer Forschungsarbeit mit Frauen in der Jagd beschäftigt hat, nicht wunderlich.

“Die Annahme, dass Frauen mitfühlender seien und deshalb von Jägerinnen-Seite Bedenken oder Skrupel erwartet werden können, überhaupt Tiere zu töten, haben sich nicht bestätigt.”

Ulrike Schmid, Jägerin

Allerdings, sagt sie, scheinen Jägerinnen mehr darauf bedacht zu sein, keine Fehler zu machen. Der heimische Tierarzt, Lebensmittelwissenschafter und Tierschützer Rudolf Winkelmayer isst außer Wild auch kein Fleisch. Wer sein Wild nicht selbst erlegen will, der kann wie er Freretarier werden. 

Gebratenes Wild auf einem Holzbrett. Symbolbild zum Thema "Ist Wildfleisch gesund?"
Wild selbst erlegen und zubereiten, das tun Jeganer. Sie halten Wild für die gesündeste Fleischquelle.

Freretarier: Vegetarier, die Wildfleisch essen

Der Freretarismus, sagt er, sei extrem vernünftig, Ressourcen und Umwelt schonend. “Österreich ist ein sehr wildreiches Land, wir produzieren 1–1,2 Kilo Wildfleisch pro Person jährlich. Wir haben aber einen Gesamtkonsum an Fleisch und Fleischprodukten von ca. 103 Kilo. Netto bezogen auf das Fleisch isst jeder Österreicher 60 Kilo Fleisch pro Jahr.” Freretarier ernähren sich vegetarisch, mit gelegentlichem Konsum von Wild oder wildähnlich gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztieren, also sehr frei gehaltenen. Möglich ist das. Frisches Wild gibt es im Gegensatz zu den üblichen Vorstellungen ganzjährig. Ab Mai essen Freretarier Reh- und Rotwild. Beide gibt es bis zum Jahresende, ab September kommt die Wildente dazu, das Rebhuhn im Oktober, Hase und Fasan von Oktober bis Ende Dezember. In den Monaten, in denen es sonst nichts gibt, könnte man immer noch auf Wildschwein zurückgreifen. Das wird ganzjährig gejagt. Muttertiere mit Frischlingen sind allerdings tabu.

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Ist Wildfleisch gesund: Die Fakten

Ja, Wildfleisch ist gesund. Da gibt es wenig Zweifel. Wildbret ist weniger fett, kalorienreich und cholesterinreich als gezüchtete Nutztiere. Es punktet mit einem hohen Anteil an hochwertigen Proteinen für die Zellenbildung, enzymatische Reaktionen, den Muskelaufbau, Kalzium, Eisen, Phosphor, Zink, Selen und Mineralien. Das hat Wildfleischernährung in den letzten Jahren übrigens auch in der Sport- und Fitnessszene so populär gemacht. Und dann sind da noch die Omega 3 Fettsäuren. Die Menge soll sogar mit der von Lachs vergleichbar sein.

Ein Reh: Symbolbild zum Thema ist Wildfleisch gesund?

Ist Wildfleisch gesund
für autoimmunkranke Menschen?

Yep, Wildfleisch ist für dich sogar besonders wertvoll, weil es naturbelassen, mager und nährstoffreich ist. Tiere aus freier Wildbahn ernähren sich ausschließlich natürlich. Will heißen: Das Fleisch ist frei von Hormonen, Antibiotika und unnötigen Zusatzstoffen All das sind Faktoren, die bei Autoimmunerkrankungen entzündliche Prozesse triggern können. Gleichzeitig liefert es hochwertiges Protein, Eisen, Zink und Vitamin B12, die das Immunsystem unterstützen und den Energiestoffwechsel stabilisieren. Und dann sind da noch die Omega-3-Fettsäuren, die entzündungshemmend wirken, was bei chronischen Autoimmunreaktionen hilfreich ist. Durch die fettarme und naturbelassene Zusammensetzung ist Wildfleisch leicht verdaulich, was den Darm schont. ©Freepic

Warum die Jagd dem Ökosystem hilft

Klaus Hackländer, Universitätsprofessor für Wildtierbiologie beantwortet die Frage, was passieren würde, wenn wir die Jagd abschaffen, so: “Das Ökosystem kollabiert jedenfalls nicht. Es ändert jedoch seine Gestalt. Arten, die reguliert werden müssen, vermehren sich noch mehr. Jene, die gehegt werden sollten, verschwinden ganz.” Hackländer sagt, es würde sich ein neues ökologisches Gleichgewicht einstellen. “Aber es ist zu bezweifeln, ob dieses mit der Art und Weise, wie wir unsere natürlichen Ressourcen nutzen wollen, in Einklang zu bringen ist.”

Die unklare Herkunft von „eingeschweißten Fleischstücken“

Für Grimm geht es auch um Vertrauen: “Manche Menschen essen Fleisch von artgerecht gehaltenen (alten) Nutztierrassen. Andere beteiligen sich an solidarischer Landwirtschaft. Oder sie verlassen sich auf Zertifizierungssysteme mit Brief und Siegel wie die EG-Bioverordnung, Natur- und Bioland oder Demeter”, sagt er. All das würde aber eines voraussetzen: Vertrauen in das Label oder die Marke. Je größer das sei, desto kleiner seien die Gewissensbisse. Am Ende bleibe es aber bei der Hoffnung, dass Herstellungs- und Zertifizierungsbetrieb wissen, was sie tun und ihr Versprechen halten.

Keine Zutatenlisten Recherchieren

“Ich mache es lieber wie der Chirurg: ich will sehen, was passiert und gehe ganz nah ran. Außerdem macht es mir großen Spaß auf die Jagd zu gehen – und überhaupt keinen, Zutatenlisten zu recherchieren. Deshalb setze ich mich lieber mit der Anatomie eines Rehs auseinander, als stundenlang die Herkunft jedes eingeschweißten Fleischstückchens zu rätseln.” Fazit: das Fretarier-Dasein könnten eine Zukunft haben. Vieles spricht dafür. Ob die Entscheidung, Wildfleisch als einzige Fleischquelle zu essen, autoimmunkranke Menschen einer Remission näher bringen kann, lässt sich aus jetziger Sicht nicht eindeutig beantworten. Wenn du jetzt mehr Wildfleisch konsumieren möchtest, dann versuch dieses histaminarme Rehfilet mit Honigmaroni!

💡 Hinweis: Dieser Artikel basiert auf sorgfältiger journalistischer Recherche, zum Zeitpunkt der Publikation aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und persönlicher Erfahrung. Er dient ausschließlich der Information und ersetzt keine ärztliche Beratung. Eine Haftung für daraus abgeleitete Handlungen wird ausgeschlossen.

Alexandra Binder About Author

Journalistin, Hashimoto-Hero, Kochwunderwaffe, Achtsamkeits-Anfängerin

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